Im Rahmen des 40. Pfarrjubiläums von Corpus Christi, Herpersdorf bot Stephan Neufanger eine vierteilige äußerst interessante Vortragsreihe mit dem Titel „Sinn sucht Seele“ an. Neufanger ist studierter katholischer Theologe, Pfarrer, ausgebildeter Logotherapeut, systemischer Berater und Traumapädagoge.

Die Logotherapie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom Wiener Arztphilosophen und Psychiater Viktor Emil Frankl begründet.

Stephan Neufanger begann mit einem Zitat von Michelangelo „Jeder Steinblock hat eine Statue in sich, und es ist die Aufgabe des Bildhauers, sie zu finden.“ Ebenso ist es auch mit dem Sinn im Leben. Im Anfang war das Wort (= Logos = Sinn).

Sinn im Leben
Sinn ist das von Gott (als Schöpfer) selbst erschaffene Leben des Lebens (Bedingung des Lebens). Sinn ist immer schon da und muss und kann daher nicht vom Menschen selbst erzeugt werden.

Menschen sind durch drei Dimensionen gekennzeichnet: die körperliche, die psychische und die geistige.

Die körperliche Dimension ist durch die biologische Ausstattung wie Größe oder Geschlecht gegeben. Mit der psychischen Dimension sind Befindlichkeiten, Gefühlswelt, Instinkt, Triebe usw. gemeint. Die geistige Dimension zeichnet uns Menschen durch Denken, Werteempfinden, Sinn und alle geistigen Fähigkeiten aus. Mit seinem Geist besitzt der Mensch die Fähigkeit, zu sich selbst auf Distanz zu gehen und neue Einstellungen zu finden. Ebenso hat der Mensch die Fähigkeit, über sich selbst hinauszuwachsen und sich an etwas Höherem (z.B. Gott oder eine bestimmte Aufgabe) auszurichten. (Selbsttranszendenz). Hierin ist auch die Spiritualität des Menschen verankert. Sie gibt ihm Geborgenheit über alles psycho-physische Erleben, auch über den Tod hinaus. Das Gewissen zeigt als „Sinnorgan“ dem Menschen an, worin der Sinn eines Tuns oder Geschehens liegen könnte.

Das Geistige ist die „eigentliche Dimension des Menschseins“ (Zitat: V. Frankl). In der geistgewirkten Sinnfindung findet der Mensch zur Fülle des Lebens. Diese nimmt er wahr in seiner Ganzheit, als Seele. Die Seele des Menschen ist nicht gleichzusetzen mit der Psyche, sondern streng von dieser zu unterscheiden. Seelisches Erleben ist ganzheitliches Erleben in Einheit der drei Dimensionen.

Sinn in der Schöpfung
Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde (Genesis 1). Die Schöpfung ist die Vielfalt allen individuellen Lebens. Schöpfung ist ein stetiges lebendiges Geschehen, und der Mensch ist Teil der Schöpfung. Deshalb sollte der Mensch mit der Umwelt / Schöpfung verantwortlich umgehen sowohl mit dem eigenen Leben als auch mit dem Leben anderer. Leben erhalten macht nicht nur Sinn, sondern ist zugleich auch Sinnverwirklichung. Eine vernünftige Einstellung zu den Naturgesetzen ebenso.

Leben ohne Sinn - ?
Sinn und die tragische Trias: Leid, Schuld und Tod.

Jeder hat schon von Hiobsbotschaften gehört oder kennt die Geschichte von Ijob, dem alles genommen wird: Besitztümer, Kinder, Gesundheit. Veränderbares Leid kann man lindern oder heilen. Bei unveränderbarem Leiden kann man nur die Einstellung durch die Trotzmacht des Geistes ändern. Wichtig dazu ist das Bewusstsein: „Ich habe ein Leiden. Ich bin nicht das Leiden“. Auch helfen schöpferische Werte, etwa Änderung der Lebensweise oder Umorientierung. Tod ist das Ende der psycho-physischen Lebenswelt. Nach ihm bleiben alle geistigen Werte, die zu Lebzeiten des Körpers durch diesen erlebt und verwirklicht worden sind.

Sinn in Erlebnissen
Sinnerlebnisse sind Momente in denen die Ewigkeit durch Raum und Zeit leuchtet. Sie entstehen durch die Wahrnehmung der Seele. Die Augen erkennen nur, was sie sehen. Die Seele erkennt umfassend, auch Zusammenhänge und Werthaftigkeiten. Beispiel: Sie schauen sich ein Strandfoto an und hören das Meer rauschen. Die geistige Erlebnisfähigkeit der menschlichen Seele nimmt dabei nicht nur den abgebildeten Strand, sondern auch die „Seele“ dieses Momentes am Strand wahr.

Logotherapie
Viktor Frankl sagte „Wer um einen Sinn seines Lebens weiß, dem verhilft dieses Bewusstsein mehr als alles andere dazu, äußere Schwierigkeiten und innere Beschwerden zu überwinden.“ Deshalb ist es sehr hilfreich für den Menschen sich mit dem Sinn in seinem Leben zu beschäftigen.

Die Logotherapie nutzt u. a. die Methoden „Paradoxe Intervention“, „Dereflexion“ oder „Einstellungsmodulation“. Letztere hat das Ziel Einstellungen zu unveränderbaren Lebensereignissen so zu verändern, dass diese ertragbar werden. Auch Humor kann hierbei sehr hilfreich sein. Karl Valentin meinte: „Ich lache, wenn es regnet, denn wenn ich nicht lache, regnet es auch.“

Sinn ist uns im Leben gegeben. Er kann und muss von jedem Menschen für sich selbst auf je einzigartige Weise entdeckt werden. Mensch und Leben stehen von Anfang an durch den Sinn in einer inneren Verbindung.

Herbert Hänecke